Manga Review: I am a hero

Bloged in Manga by Ataru Saturday November 13, 2010

Seit Ende Juli lebe und arbeite ich in Japan. Jetzt kann ich nach langer Zeit wieder in japanische Bücherläden gehen und mir selber einen Eindruck dessen verschaffen, was für Manga monatlich auf dem Markt geworfen werden. Zudem kann ich bei den Versandkosten sparen (die fallen erst später an, wenn ich meine Einkäufe nach Hause verschicken werde). Auch wenn ein Grossteil der monatlichen Neuerscheinungen mir nicht wirklich zusagt, habe ich ich den letzten drei Monaten halt doch über 140 neue Manga gekauft.

Meine letzte Manga-Rezension handelte von Shinryaku! Ika Musume, ein gutgemachter Shounen-Manga mit einer sympathischen Heldin (der aktuelle TV-Anime ist übrigens auch empfehlenswert). Der heute vorgestellte Manga, Hanazawa Kengos I am a hero, ist ein ganz anderes Kaliber als Ika Musume. Beide Manga können unterschiedlicher kaum sein: Wo Ika Musume kurzweilige Gags bietet und mit einer dusseligen aber syphatischen Heldin punktet, unterhält der sehr realistisch gezeichnete I am a hero mit einer Zombie-Apokalypse und dem Alltagsleben eines japanischen Erwachsenen, der schizophrene Charakterzüge aufweist und sich für einen Helden hält.

I am a hero (?????????)
Autor: Kengo Hanazawa (????)
Publiziert in: Big Comic Spirits (Shogakukan)
Bislang 4 Bände (2009-2010)

Amazon.jp

I am a hero ist ein Seinen-Manga, der einfach beginnt und gleich unter die Haut geht. Ein Mann um die Mitte Dreissig kommt spätabends von der Arbeit nach Hause und wird von Halluzinationen heimgesucht: Gesichter tauchen aus dem Nichts hervor, und er kommuniziert mit einem kleinen Jungen, der nur in seiner Fantasie existiert.

Scheinbar ist der Mann schizophren. Er hat vor irgendetwas furchtbare Angst und versucht daher, die ganze Nacht hindurch wachzubleiben, mit einem Gewehr. Dazu bildet er einen Kreis aus kleinen Totems (seine Lieblingsmangas und alte Schulbücher) und stellt sich in die Mitte.

Wir erfahren kurz darauf, dass der Mann Hideo Suzuki heisst und sich für einen Helden hält. Sein Alltagsleben ist aber weit weniger spannend als die eines Mister Incredible: Er verdient seinen Lebensunterhalt als Mangazeichner-Assistent und lässt sich treiben. Hideo hat kein echtes Talent, hat keine wirklichen Ambitionen und ist ein völliger Durchschnittstyp, wenn da seine Halluzinationen nicht wären. Hideo hat eine Freundin, die er “Tekko” nennt. Sie ist Mangazeichnerin; er besucht sie des öfteren in ihrer Wohnung. Tekko treibt Hideo dazu an, selber wieder einmal einen Manga zu zeichnen und zu veröffentlichen, so wie er es bereits schon einmal getan hat. Hideo fehlt es jedoch an Zuversicht und er bleibt vorerst nur Assistent für einen Eromanga-Mangaka. Tekko schwärmt auch für die Manga ihres Ex-Freunds, was Hideo eifersüchtig macht. Soweit so gut, ausser von einigen beunruhigenden, im Hintergrund laufenden TV-Nachrichten über Menschen, die von anderen gebissen worden seien und einer Frau, die nach einem schlimmen Autounfall mit einem halb abgehackten Kopf herumläuft, doch letzteres könnte auch an Hideos Fantasie liegen.

Eines Tages sucht Hideo wie üblich seine Freundin bei ihrer Wohnung auf, doch aus der Wohnung stürzt eine Kreatur heraus, die wie ein Zombie aussieht und Hideo zu beissen versucht. Nach und nach tauchen immer mehr Zombies auf. Auf Tokyos Strassen spielen sich schauerliche Szenen ab. Scheinbar verwandeln sich alle Leute in Zombies, die von anderen zombiehaften Kreaturen gebissen worden sind. Was ist der Grund für die Zombie-Epidemie? Wir wissen es zunächst nicht. Hideo ist mit seiner Winchester auf der Flucht, aber er glaubt ja ein Held zu sein. Kann er da etwas unternehmen? Und geschieht das alles wirklich, oder bildet er sich alles nur ein?

“I am a hero” ist eine erfrischende Mischung: Abgesehen vom ungewöhnlichen Anfang wirkt der Manga zunächst wie eine Darstellung aus dem Alltagsleben eines leicht verschrobenen Losers; Slice of Life eben. Doch ähnlich wie der Kultfilm Form Dusk till Dawn ändert der Manga mittendrin das Genre: Von Slice of life mit einem Hauch von Psychothriller gleitet die Handlung allmählich in einer Zombie-Apokalypse hinein mit generellen Anleihen ans Horror-Genre.

Die Zeichnungen von Hanazawa Kengo sind sehr realistisch und detailliert. Der ganze Manga sieht schlicht genial aus und das hilft zusammen mit der Spannung, den abstrusen Wechsel vom einen zum anderen Genre hinzunehmen. Was ab dem Ende des ersten Bandes abgeht gehört zum Schauerlichstem, was ich je in einem Manga gelesen habe. Definitiv nichts für schwache Nerven.
Vor dem Erscheinen des zweiten Bandes wurde I am a hero für den 10. Taisho Mangapreis als bester Seinen-Manga nominiert.

Bisher sind vier Bände erschienen, die einzelnen Kapitel erscheinen in der Wochenzeitschrift “Big Comic Spirits”. Die Chance, dass I am a hero auf Deutsch erscheint, ist gering. Dafür ist der Manga schlicht zu erwachsen und zu uninteressant für das deutsche Manga-Lesepublikum, das hauptsächlich aus jungen Teenagerinnen besteht. Es würde mich jedoch nicht wundern, wenn der Manga in nächster Zeit in Frankreich erscheint. Für all diejenigen, die weder des Japanischen noch des Französischen mächtig sind: Die ersten 13 Kapitel wurden als Scanlation ins Englische übersetzt. Aber achtung: Lest den Manga nicht kurz vor dem Schlafen gehen, besonders nicht Kapitel 10 und 11.

8 responses to “Manga Review: I am a hero”

  1. avatar nobody_su says:

    Hi ataru,
    ja, ich war erstaunt als du wieder im rss feed aufgetaucht bist. Hrhr, freu mich für dich das du in deinem Element bist. :)

    Kleiner tip: lass dich in einem Kontainerschiff anheuern, der nach europa fährt, dann kannst du so viel mit nehmen wie du willst ;)

    danke fürs schreiben
    nobody_su

  2. avatar Ataru says:

    No Problem Nobody_su, ich schreibe gerne, auch wenn meine Abwesenheit eher das Gegenteil suggeriert ;)
    Auf einem Schiff arbeiten wäre schon cool, schon rein weil man da exotische Länder besuchen kann; aber dann leider nur meist für wenige Stunden in der Gegend eines Hafens. Die restlichen 95% verbringt man ja auf hoher See ;)

  3. avatar seto says:

    das mit dem containerschiff ist gar nicht so ne schlechte idee… aber wenn du für deine bücher nicht genug abnehmer findest, dann musst du alles selbst berappen. könnte teuer werden.

    140 manga, wow. ich begnüge mich mit meiner 2monatlichen bk1-bestellung.
    vor ein paar tagen habe ich die letzte abgeschickt. unter den bestellten büchern befindet sich unter anderem die neuausgabe eines etwas älteren comics: VERSION von hisashi sakaguchi. ich kenne diesen comic von früher, konnte ihn aber nie zu ende lesen. wegen des etwas arg generischen titels war es auch nicht ganz leicht ihn ausfindig zu machen. der autor war mir ebenfalls gänzlich unbekannt. es handelt sich dabei um einen sf-comic aus den späten 80ern, dementsprechend ist die technik darin ziemlich retro, jedoch mit ähnlicher realitätsnähe wie bei masamune shirow. besonders bemerkenswert fand ich eine szene, in der zwei jugendliche an einem videospielautomaten spielen, und zwar nicht in einer spielhalle, sondern zu hause. der autor hatte sich also gedacht, dass der home entertainment-bereich in näherer zukunft von spielautomaten erobert werden würde. nicht ganz zutreffend, wie man heute sieht. ein bisschen verwunderlich ist das schon, schliesslich kam der famicom (nes) bereits 1983 in japan heraus, 1987 die pc-engine und 1988 der genesis (mega drive). neogeo und snes folgten 1990, kurz nach diesem manga.

  4. avatar Ataru says:

    Ich besitze keinen Manga von Hisashi Sakaguchi. Als ich in den Neunzigern mit dem Sammeln von Manga anfing, war Sakaguchis Version einer der ersten Mangas, die in Europa veroeffentlicht wurden. Man findet Version auch heute noch mit ein bisschen Glueck auf dem Gebrauchtmarkt. Wieso ich diesen Titel nie gekauft habe, liegt wohl daran, dass das Genre von Science Fiction mir nie wirklich gross zugesagt hat und an den erwachsenen Zeichnungen, die damals fuer mich als Teenager eine Spur zu hoch waren (….. wobei, nein streicht das. Ich habe damals schliesslich auch die Farbversion von Akira gekauft und hier und da etwas Masamune Shirow gelesen).

  5. avatar Suzu says:

    Oha, das sieht echt interessant aus. Aber in letzter Zeit kommen immer mehr interessante Manga auf den Markt,zb die Werke von Inio Asano (What a wonderful world etc)

    @Seto
    Ahhh! Version ist super! Wenn dir der gefällt, solltest du Ikkyu lesen. :)
    Ich liebe Hisashi Sakaguchi. Sag ma, wieviel Bände gibt’s von dem eigentlich auf japanisch bzw wieviel Kapitel hat’s im ganzen? Ich glaube nämlich auf deutsch sind nicht alle erschienen. Er ist ja irgendwann mal auch gestorben, oder?

    @Ataru
    Ikkyu wär sicher auch was für dich. Es ist eine grösstenteils fiktive Biographie vom berühmten Ikkyu. :)

  6. avatar seto says:

    suzu: ich habe keine ahnung mehr, 7 glaube ich. oder war das nur die franz. bzw. dt. version? die neuauflage kommt in 2 bänden. ? und ?.
    ikkyuu wird vermutlich etwas weniger technisch sein als version – mal sehn ob mir das auch zusagt. :D

  7. avatar Nekojiru says:

    ?Form Dusk till Dawn? ^^

    Obschon ich mir im klaren darüber bin, dass es nicht ganz in deinen Blog passt – soweit ich das beurteilen kann schreibst du eher selten über Privates – würde ich mich brennend für dein leben in Japan interessieren. Falls dich einmal die Lust packen sollte… :)

  8. avatar Rao says:

    Teil 1 in Deutsch war Hammer =D freue mich schon auf die anderen . teil 2 und 3 . Ich hoffe es werden alle hier erscheinen mein japanisch ist noch zu schlecht =)

    Toller Bericht =)

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