Produktionskosten von Animes

Bloged in Anime by Ataru Monday October 22, 2007

Als Fan von Animes interessiere ich mich seit jeher, wie sie produziert werden, aus wievielen Einzelbildern sie bestehen und wieviel sie letztendlich gekostet haben. Es ist nicht einfach an Informationen zur Beantwortung dieser drei Fragen heranzukommen. Wie einzelne Filme und Serien produziert werden, ist noch am einfachsten zu erklären. Das werden ich in einem späteren Eintrag mal nachholen. Aus wievielen Einzelbildern ein bestimmter Film, eine OAV oder eine TV-Folge besteht, ist hingegen oft unmöglich zu beantworten. Dasselbe gilt auch für die Produktionskosten einzelner Filme/Serien/OAVs. Anime-Firmen hüten sich normalerweise davor, solche Zahlen publik zu machen. Manchmal hat man jedoch Glück, weil gewisse Zahlen zwecks Promotion in Broschüren erwähnt werden (meist bei Kinofilmen der Fall), eine Zahl in einem Interview genannt wird oder sonstwo Zahlen publiziert werden.

Zunächst mal gilt unser Interesse den Produktionskosten einer einzelnen TV-Folge (= 30 Min.)

Ein offizielles PDF-Dokument vom Meti (Ministerium für Ökonomie, Wirtschaft und Handel) zum Zustand der Anime-Wirtschaft im Jahr 2003 hilft uns da weiter. Der Seite 5 entnehmen wir, dass für die Produktion einer TV-Folge zwischen 10-13 Mio. Yen (= 100’000-130’000 sFr.) anfallen. Die Kosten verteilen sich auf 4 verschiedene Klein- und Mittelbetriebe: Eine Firma, die sich um die eigentliche Animation kümmert (key-animation & inbetween), eine Firma, die für die Hintergründe und die Kolorierung zuständig ist, eine Editing-Firma (Ablichtung, Schnitt…) und schliesslich ein Tonstudio.

100’000 – 130’000 sFr. für eine durchschnittliche Anime TV-Folge sind wenig. Sehr wenig, wenn man bedenkt, dass eine Folge der Simpsons über 1 Mio. Dollar kostet und die einzelnen Folgen von Dexter’s Laboratory und Samurai Jack zwischen einer halben und 1 Mio. Dollar gekostet haben. Amerikanische und europäische Serien kosten üblicherweise aus vers. Gründen ein Vielfaches mehr.

Existiert ein konkretes Fallbeispiel für die anfallenden Kosten eines Anime? Ja, es existiert eines, und das ist durch kuriose Umstände bekannt geworden. Letzten Monat ist bei der Firma AIC ein grosses Missgeschick passiert: Einige vertrauliche Dokumente gelangten an die Öffentlichkeit. Eines der Dokumente enthält u.a. die Schätzungen der Produktionskosten für eine einzelne Folge von Bamboo Blade.

Schauen wir mal zunächst die Gesamtkosten an. Sie stehen zuunterst: 9’554’000 Yen (= ca. 97’500 sFr).

Das Layout und die Genga (Key-Animation) kosten pro Blatt 2000 Yen. Bei je 300 “Cuts” (= Einstellungen) ergibt das zusammen 1’200’000 Yen (= 12’250 sFr). Die Douga, die eigentlichen Zwischenbilder, werden lediglich mit 210 Yen/Bild entlöhnt (wow… was für ein Sklavenjob). Es wird mit 4000 Zwischenbilder gerechnet. Zusätzlich kommen noch 4200 Shiage hinzu (Clean-Up-Zwischenbilder), 190Yen/Shiage —> Gesamtkosten von Inbetweens & Shiage = 1’638’000 Yen (= 16’700 sFr.). Dann kommt noch die Entlöhnung der einzelnen Chefposten und Aufgabenbereiche wie E-conte (Drehbuch, 250’000 Yen), Character Design (für gesamte Serie: 10 Mio. Yen —> 38’000 Yen/Folge bei 26 Folgen), Key animation director (400’000 Yen), Inbetween-check (80’000 Yen/Monat), Color assignment (70’000/Monat), usw.

Was lernen wir daraus? —> Eine durchschnittliche TV-Folge kostet weniger, als man annehmen könnte. Wer also zuviel Geld hat und keins für den Benz seiner Träume ausgeben will, der soll doch sein Bares in die Produktion einer einzelnen Folge eines Dating-Sim Anime reinstecken und die Animewelt damit beglücken ;-)

Hier die Schätzungen der Produktionskosten verschiedenster TV-Serien, OAVs und Filme (die Infos stammen teils von 2Channel, also ohne Gewähr, ausser den Kosten in rot, die sind oft dokumentiert worden und können auch belegt werden). Bei TV-Serien sind es die Kosten pro Einzelfolge, bei OAVs die Kosten aller Folgen zusammen:

TV-Serien & OAVs:

  • 1963: Tetsuwan Atomu (Astro Boy) – 2.1 Mio. Yen
  • 1963: Tetsujin 28Go – 1.2 Mio. Yen
  • 1965: Super Jetter – 2.3 Mio. Yen
  • 1982: Macross – 5.5 Mio. Yen
  • 1989: Top o nerae! (Gunbuster) – 13-22 Mio. Yen
  • 1994: Dirty Pair Flash (OAV) – 16.6 Mio. Yen
  • 1995: Neon Genesis Evangelion – 6.25 Mio. Yen
  • 1996: Escaflowne – 30 Mio. Yen
  • 1998: Cowboy Bebop – 20 Mio. Yen
  • 2000: One Piece – 10 Mio. Yen
  • 2000: Zoids – 9 Mio. Yen
  • 2001: Sister Princess – 5.5 Mio. Yen
  • 2002: Gunslinger Girl – 13 Mio. Yen
  • 2002: Gundam Seed – 25 Mio. Yen
  • 2002: Ghost in the Shell. S.A.C. – 30 Mio. Yen
  • 2003: Caleido Star – 18 Mio. Yen
  • 2003: Tetsuwan Atom (New Astro Boy) – 30 Mio. Yen
  • 2004: Seed Destiny – 33 Mio. Yen
  • 2004: Samurai 7 – 32 Mio.Yen

Kinofilme:

  • 1968: Horus, Prince of Sun – 100 Mio.Yen
  • 1977: Uchû senkan Yamato – 200 Mio. Yen
  • 1978: Lupin III vs. fukusei ningen – 500 Mio. Yen
  • 1983: Crusher Joe – 200 Mio. Yen
  • 1984: Macross, Do you remember Love? – 220 Mio. Yen
  • 1987: Wings of Honneamise – 800 Mio. Yen
  • 1988: AKIRA – 1 Mia. Yen
  • 1989: Kiki’s Delivery Service – 800 Mio. Yen
  • 1995: Ghost in the Shell – 600 Mio. Yen
  • 1997: Mononoke Hime – 2.35 Mia. Yen
  • 1998: Pokemon movie 1 – 300 Mio. Yen
  • 1999: Adolescence of Utena – 120 Mio. Yen
  • 1999: Tonari no Yamada-kun – 2.36 Mia.Yen
  • 2001: Metropolis – 1.5 Mia. Yen
  • 2004: GitS Innocence – 1 Mia.Yen
  • 2004: Steamboy – 2.4 Mia. Yen

10 responses to “Produktionskosten von Animes”

  1. avatar Yuki says:

    Guter Beitrag, wirklich interessant find ich. Aber das Folgen von Dexters Labor und den Simpsons zwischen einer halben und einer ganzen Million Dollar kosten, ist mir vollkommen unverständlich. Gibts dafür nen Beleg? Könnte man meiner Meinung nach deutlich billiger hinkriegen, so toll sieht Dexters Labor ja auch nicht aus….

  2. avatar Ataru says:

    Hallo Yuki,

    Für die Simpsons findest du hier einen interessanten Text:

    http://www.encyclopedia.com/doc/1G1-154048856.html

    “With a production cost of more than $1 million per episode […]”

    Zu Dexter’s Labor finde ich gerade nichts im Net, glaube aber was in einem Buch über Animation gelesen zu haben.

    Amerikanische Serien wie Craig McCrackens Dexter’s Labor oder die Powerpuff Girls mögen auf den ersten Blick wegen ihrer grossen Stilisierung “billig” wirken, aber sie sind aufwendiger gemacht als so manche Anime TV-Serie. Das erkennt man z.B. daran, dass Animationsgesetze wie “Squash & Stretch” stark ausgereitzt werden und jedes einzelne Frame sauber und durchdacht wirkt.

  3. avatar Adrian says:

    Für die Perspektive der Animatoren gibt es auch einige Quellen. So haben sie zB vor kurzem eine eigene Gewerkschaft gegründet, um gegen die schlechten Löhne und vor allem die schlechte Vorsorge zu kämpfen.

    Wie wenig ein Animtor verdient, kann man zB in diesem ANN-Beitrag lesen:
    http://www.animenewsnetwork.com/news/2005-11-02/animator's-salaries
    Danach verdienen 26% der Animatoren weniger als 1 Million Yen pro Jahr (~ 10’000 CHF)! Mit einem solchen Lohn lässt sich praktisch nicht leben.

    Spannend dazu ist auch dieses Foren-Thema bei der französischen Seite Catsuka, in dem mehrere Franzosen von ihren Erfahrungen als Animatoren in Japan aus erster Hand berichten:
    http://www.catsuka.com/interf/forum/viewtopic.php?t=4342

  4. avatar Ataru says:

    Animatoren hatten es in Japan nie leicht, aber wenn man bedenkt, dass sie nun extra eine Gewerkschaft gegründet haben in einem Land, in dem Gewerkschaften keine wirkliche Tradition haben, ist das Zeichen einer prekären Situation. Seit Ende der Neunzigerjahre hört man Klagen, dass junge Talente wegen den schlechten Arbeitsbedingungen verschleisst werden oder gleich von Anfang an lieber ins Videogame-Business einsteigen. Es fehlt an wirklich guten Nachwuchsanimatoren.

  5. avatar fanyi says:

    Naja, eine ???? ist das nicht… eher eine ??. Und beides gibt es in Japan bekanntermaßen wie Sand am Meer. Mich wundert es eher, dass es sowas bisher noch gar nicht gab für Animatoren und Aushilfsregisseure…

  6. avatar Ataru says:

    Na, ein “Verein” bzw. eine “Gesellschaft” ist immerhin besser als nichts. Aber eine Arbeitergewerkschaft mit politischer Macht in Opposition zu Arbeitgebern sind sie natürlich nicht, und das ist in Japan nun wiederum wirklich *nicht* üblich (besonders seit den 80er Jahren, weil die grossen Gewerkschaften an Macht verloren haben).

    Jetzt, wo ich die japanische Quelle lese, muss ich feststellen, dass die Animatoren keinen sofortigen Handlungsbedarf sehen bzw. nicht sofort aktiv für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen wollen:

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    “Wenn man von Verbesserungen des Umfelds von Animatoren und Regisseuren spricht, dann tendiert man dazu, sich eine Art Gewerkschaftsbewegung vorzustellen. Der Vorsitzende des Vereins, Ashida, erkennt zwar einerseits an, dass Probleme bei der Gewinnverteilung aus der Produktion von Anime existieren, sagt aber zugleich, dass eine Bewegung im Stil einer Gewerkschaft nicht zu ihnen passen würde und sie es auch nicht vollbringen könnten.”

    (Aus: http://animeanime.jp/biz/archives/2007/10/post_220.html)

  7. avatar fanyi says:

    Da ich bei den Gewerkschaften im Seminar immer geschlafen habe, sage ich mal nix dazu^^

    Was mir dagegen aufgefallen ist, dass du
    ??? -> Clean-Up
    ???? -> Drehbuch
    übersetzt hast.

    Ist es aber nicht eher so:
    ??? -> Kolorierung
    ???? -> Storyboard
    ?

  8. avatar Ataru says:

    “Clean-up” ist der englische Begriff für den letzten Schliff der Bilder, für den “final touch”, bevor Spezialeffekte eingesetzt werden. Das betrifft überflüssige Linien, die getilgt werden müssen und natürlich auch die Kolorierung.

    E-Conte ist das “Storyboard”, was man im deutschen aber auch genau so gut mit “Drehbuch” bezeichnen kann (ja, ich weiss, dass manche Leute sich unter dem dt. Wort nur ein geschriebenes Skript ohne Bilder vorstellen).

    Ich nehme es im Blog nicht allzu genau mit filmwissenschaftlichen Fachtermini. Das könnte ich zwar machen, aber damit verschrecke ich nur die Leute weg ;-)

  9. avatar Kilano says:

    interessanter beitrag, wobei ich sagen muss das ich dexters labor absolut nervtötend empfinde (geschmacksache) diese grellen farben und seltsam gezeichneten figuren

    so schön teuer kann schrott sein (natürlich reine ansichtsache, aber vielleicht bin einfach nur durch und durch anime infiziert)

  10. avatar Torben says:

    Jep muss mich Kilanos Meinung anschließen, allgemein finde ich amerikanische “animes” nicht so gut, aber das die kosten dort so extrem hoch sind, 1 mill. $ pro Folge ist doch schon ein wenig übertrieben für die Leistung xD

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